Aus dem Jahr 2008 stammt diese kommentierte Bilderserie zu meinem künstlerischen Werdegang, die ich anlässlich meiner Ausstellung in Esfahan (Iran) zeigte.
Manù Hophan
1956 in Chur GR geboren
Lebt seit 1984 in Zürich. Seit 1990 Reisen mit dem Konzept «Das Atelier im Koffer», in Nigeria, Eritrea, Rom, Shanghai, dem Kreis 4 in Zürich und New York.
Ausbildung
1978–80 Ausbildung am Deutschen Institut für Puppenspiel und Maskentheater, Bochum
1981–82 Bühnenbildassistenz bei Dirk von Bodisco und Urs Lüthi am Theater am Neumarkt, Zürich
1983–84 Bühnenbildstudium bei Achim Freyer an der Hochschule der Künste, Berlin
1985–87 Studium der bildenden Kunst an der F+F-Schule für Kunst und Design, Zürich
Ausstellungen, ab 2005
2005 Helmhaus Zürich, «Lokale Aufhellungen» (Gruppenausstellung)
— Shedhalle Zürich, «Raum für Räume» (Gruppenausstellung)
2006 Museum of Contemporary Art, Esfahan, «Swiss Transit Esfahan – Visual» (Gruppenausstellung)
2008 galerie sylva denzler, Zürich, «Variationen», (Einzelausstellung)
— Galerie Oxyd, Winterthur (Gruppenausstellung)
— Galerie Baviera, Zürich, «Aussersihl», (Gruppenausstellung)
2009 Maxim Theater, Zürich, Bühnenbild zum «Sturm» von William Shakespeare,
2010 galerie sylva denzler, Zürich, «Stadtrand», (Einzelausstellung)
2011 Galerie Oxyd, Kunstkiosk, Winterthur, (Gruppenausstellung)
2013 galerie sylva denzler, Zürich, «farbenflug», (Einzelausstellung)
— «Schrödingers Katze», Visarte Zürich, (Einzelausstellung)
2015 Galerie Oxyd, Winterthur, «Arche, Barke, Schiff und Boot», (Gruppenausstellung)
— Kunstmuseum Thun, «Der Kontinent Morgenthaler», (Gruppenausstellung)
2016 Artdock Zürich, Frauenpower, (Gruppenausstellung)
— Helmhaus Zürich, Stipendienausstellung der Stadt Zürich
2017 Artbox, Thalwil, (Einzelausstellung)
— Landesmuseum Zürich, «Rebel Video» (Gruppenausstellung)
— Haus Konstruktiv, Zürich, Ankäufe der Stadt Zürich (Gruppenausstellung)
2018 Mandelbaum-Verlag, Wien, Cover-Illustrationen (18 Bände) der Paul Parin Werkausgabe,
2019 Kulturraum «Material, Zürich, «Scratch Your Face Away», (Gruppenausstellung)
2020/21 Achim Freyer Stiftung, Berlin, «Mit eigenem Blick», (Gruppenausstellung)
2022 Pop-Up-Galerie Kunstflug, Zürich,«Instants», (Einzelausstellung)
— Ehemalige Druckerei St-Paul, Fribourg, «Liberté, Freiheit, Freedom», Gruppenausstellung
2023 «Waschraum», Zürich, «Loslassen», (Gruppenausstellung)
2023 «Landschaft in Sicht» im Kunsthaus Elsau, (Gruppenausstellung)
2024 Kunsthaus Örlikon «K.I. und Wir» (Gruppenausstellung)
— Glarner Kantonalbank (Gruppenausstellung)
2025 Photobastei, Zürich, Xylon-Museum, Schwezingen (De), «Print Stories» (Gruppenausstellung)
— Galerie am Platz, Eglisau, «Artist Friends» (Einzelausstellung)
— Waschraum Zürich, «Intimität im Alltäglichen», (Gruppenausstellung)
Sammlungen
Annette und Peter Nobel Collection, Zürich
Stadt Zürich
Kanton Zürich
Kunstsammlung Steffisburg BE
Publikationen, Preise, Förderbeiträge
1984 Werkbeitrag, Kanton Zürich
1998 Katalog «Ölbilder und Zeichnungen», gefördert durch die Cassinelli-Vogel-Stiftung
2006 Ausstellung in Esfahan (Iran), Förderbeitrag der Kulturabteilung Glarus
2008 Katalog «Ölbilder und Flash-Haikus», gefördert durch die Kulturabteilung Glarus
2021 Katalog «Instants of Manùseum», gefördert durch die Kulturabteilung Glarus
2023 Katalog «Landschaft in Sicht», gefördert durch Kulturabteilung Glarus, Kanton Zürich,
Stadt Winterthur, Rieter-Stiftung
2025 Katalog «Printstories», gefördert u.a. durch Kanton Zürich, Stadt Winterthur,
Ernst-Göhner-Stiftung
2025 Katalog «Artist Friends»
Texte über Manù Hophan
Susanne Lerch
Beziehungsweise Kunst
Manù Hophan ist über die Farbe zur Malerei gekommen. Farbe habe sie schon als Kind fasziniert,und bei bestimmten Farbkombinationen sei ihr das Wasser im Mund zusammengelaufen. Farbe und Geschmack als Synästhesie.
Diese intensive Farbempfindung ist ein wesentlicher Aspekt ihrer künstlerischen Arbeit. Sie führt zu einer Art autopoietischem Dialog im Bild selbst: Die Wahrnehmung bewegt sich zwischen erkennbarem Gegenstand (Intellekt) und Farberleben (Gefühl/Emotion) hin und her.
Mit Emotion verbindet Manù Hophan vor allem eine Bewegung und Bewegtheit im Augenblick,während das Gefühl für sie eine Verdichtung ist, die oft auch erst im Nachhinein und aus einer Verarbeitung entsteht.
Manù Hophan schafft ihre Werke sowohl aus der Erinnerung als auch anhand von Zeichnungen, Skizzen oder Fotografien. Oft ist es nur ein Moment, ein bestimmtes Erleben, das sie in einem Bild ausdrücken m.chte. Die Zeichnungen oder Fotos dienen als Stützen, wobei die Erinnerung oft präziser sei, indem sie sich auf das Wesentliche beschränke.
Die Idee zum Katalog «Artist Friends» bezieht sich auch auf eine Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem Thema der Frauen in der Kunstgeschichte, in der Gesellschaft und in individuellen Beziehungen. Zwei Bücher haben sie angeregt: «Die Erschöpfung der Frauen»¹ von Franziska Schutzbach und «The Story of Art Without Men»² von Katy Hessel. Während Hessel sich mit der (Un-)Sichtbarkeit bzw. dem Unsichtbar-gemacht-Werden der Frauen befasst, analysiert Schutzbach das Phänomen der Erschöpfung im kulturellen Kontext weiblicher Sozialisierung und sucht nach Lösungen und Wegen daraus: «Eine feministische Arbeit gegen die Erschöpfung ist eine Arbeit an Beziehungen.»
Auch in diesem (ü̈ber)persönlichen Sinn interessiert es Manù Hophan, mit Frauen zusammenzukommen und die Beziehungen zu den von ihr porträtierten, teilweise viel jüngeren Künstlerinnen in ihren je eigenen Qualitäten zu erleben und auszuloten. Dabei ist die Kunst oder das kreative Schaffen auch eine Weise, in Kontakt zu treten, indem ein gemeinsamer Bereich entsteht, in dem vieles andere, das vielleicht trennen würde, nicht so eine Rolle spielt: gemeinsam verbrachte Zeit, Offenheit für das Gegenüber, die Möglichkeit eines Nebeneinanders, zählt Manù Hophan auf und referiert dabei auf eine Quintessenz von Franziska Schutzbach: «\Wenn Menschen in Beziehung stehen, können sie ohne Angst verschieden sein.»
Die Bildwelt von Manù Hophan vermittelt etwas unglaublich Leichtes, Freies und Offenes, man könnte fast sagen, provisorisches oder Flüchtiges, das aber sehr bestimmt geführt und bewusst gestaltet ist. So ist der Eindruck des Leichten, Flüchtigen sowohl Täuschung als auch real, und zwar als festgehaltener Augenblick eines Erlebens, einer Stimmung, wie ein Moment aus einer Geschichte, eine Emotion oder das Gefühl eines Augen-Blicks.
Susanne Lerch, (aus Katalog: Artist Friends, 2025)
Kunsthistorikerin
1 Franziska Schutzbach, Die Erschöpfung der Frauen, Droemer, München 2021;
Zitate aus der Einleitung.
2 Katy Hessel, The Story of Art Without Men, Piper München 2022.
Marinella-Sofia Gkinko
Wenn Farben Worte sind
Instants of Manùseum» komponieren eine Welt, in der Momente aus dem Alltag dem Rhythmus ihres Mediums folgen, nämlich Instagram. Wegen Instagram habe ich das Manùseum hinter den Kulissen im Frühjahr dieses Jahres besucht. Das Atelier von Manù Hophan ist lichtdurchflutet: Von aussen kommend wird das Licht absorbiert und in den farbenfrohen Innenraum reflektiert; je nach Tageszeit erhält alles einen anderen Farbton und gibt ihn an den äusseren Kosmos zurück. Der Schwerpunkt des Atelierbesuchs lag auf Manùs Langzeit-Projekt «Atelier im Koffer», mit dem sie Menschen auf der ganzen Welt porträtiert. Daher beschlossen wir, eine Porträtsitzung als Fortsetzung ihres Projekts zu machen. In dieser Zeit, in der das Reisen auf Eis gelegt wurde, reiste sie nicht mit ihrem «Atelier im Koffer» nicht um die Welt, sondern in ein Land namens «Psyche». Tauchte darin ein und hielt es in einer Zeichnung fest – meinem Porträt; Dauer der Reise -aller-retour: zehn Minuten.
Manùs Bilder leben in einem Mikrokosmos aus Momenten, die sich in inneren und äusseren Topoi abspielen. Ihre Augenblicke fangen das Ephemere auf ähnliche Weise ein wie eine Kurzgeschichte, in diesem Fall nicht mit Worten, sondern mit Farben. Startpunkt ihrer Inspiration: Sehen und Beobachten. Der Blick der Künstlerin hält innere und äussere Welten fest, kanalisiert sie in Szenen aus dem Alltag und setzt sie in Zeichnungen um. Die Augenblicke werden auf eine Weise festgehalten, die sie vor der Flüchtigkeit retten, in dem Manù sie skizziert und ergreift. Ihre Mikrogeschichten entwickeln sich durch die emotionale Erfahrung und schaffen ein Amalgam aus Momenten, in denen innere und äussere Welten miteinander verschmelzen. Und auf diesem Diptychon von «Innen» und «Aussen» baut das Repertoire ihrer Mikrogeschichten und ihrer Bilder auf. Die Aussenlandschaften ihres Mikro- und Makrokosmos sind ein Fest der Farben, bestehend aus Blumen, Blüten, Gärten, Vögeln und Katzen, leeren oder gefüllten Swimmingpools, Bergen, Flüssen und Seen; kleine Ausschnitte der Natur, die je nach Jahreszeit oder Tageszeit eingefärbt sind. Da die «Instants of Manùseum» einer chronologischen Ordnung folgen, können sie wie eine Reise durch die Jahreszeiten betrachtet werden. Innen- und Aussenräume umschliessen, tragen, spiegeln sich gegenseitig oder flirten sogar auf mehrdimensionale Weise miteinander und schaffen auf diese Weise Kanäle für polychromatische Dialoge.
Die Serialität der Werke macht sie zum Oszilloskop der kleinen Momente, die zu Gemälden verarbeitet werden. Das Medium Instagram fungiert als Plattform, ein Cyber-White-Cube, in dem die Künstlerin ihre «Instants» ausstellt. Die digitale Umgebung ist in der Tat flüchtig, und dies unterstreicht auch den Zwischenraum zwischen digital und analog, mit dem Manù experimentiert, indem sie einen vielfarbigen Dialog eröffnet. In Manùs Insta Art tragen die Werke die Frische und Unmittelbarkeit des Augenblicks in sich, da jedes ausgestellte Werk frisch geschaffen ist; wie ein Schaufenster, die Momente des Alltagslebens einfängt und gleichzeitig das Gefühl vermittelt, dass sie noch lebendig sind; wie Szenen aus einer Kurzgeschichte, deren Erzählung in kleinen quadratischen Haikus kanalisiert wird, wie wenn Farben Worte sind.
Lebendige Schnappschüsse des Alltags in unseren Händen; dank des Formats des Katalogs, der dazu einlädt, in seinen «Bildschirmen» oder Seiten und Kunstwerken zu blättern
Marinella-Sofia Gkinko (aus: Katalog «Instants of Manùseum», 2022)
(*1985), Master of Advanced Studies in Curating, ZHdK Zürich
Paul Parin,
Werkzeug, Material – Bewegung
Der Künstler im Dogondorf Sanga konnte keine Statuette mehr schnitzen. Sein Schleifstein war verloren. Er musste warten, bis sein Freund, der Fischer, aus der Tiefe des Nigerflusses den richtigen Stein herausgezogen hatte, mit dem der Schnitzer die eiserne Schneide schärfen würde. Nur so gelingt eine Figur, in der die Seele des Ahnherrn wohnen mag. Nur mit dem einzig richtigen Werkzeug entsteht das Kunstwerk.
Der Mann, der an der Brücke über den Sassandrafluss in der Elfenbeinküste einst die schönen Frauengestalten aus gebrannter Tonerde feilhielt, hatte dieses Jahr keine geformt. Die Trockenzeit hatte die Quelle zum Versiegen gebracht, mit deren Wasser allein der Ton so geknetet werden kann, «dass meine Hände den Frauen die zärtlichen Formen, les formes tendres, geben, die du so bewunderst». Liegt es am richtigen Material, ob ein Kunstwerk gelingt, oder ist es nur in Afrika so?
Die Batiktüchlein, die unsere Freundin in Lombok, der Zwillingsinsel von Bali, für uns fertigen wollte, sind diesmal misslungen, statt der wundervoll leuchtenden Farben nur blässliche Schlieren. Die Kräuterfrau, die aus Blüten und Rinden von den Hängen des Vulkans farbige Tinkturen presst, war von ihrer Pilgerfahrt nach Mekka nicht zurückgekehrt. Es ist, so dachte ich, doch nur das echte Material an diesem einen Ort, aus dem die Künstlerin den Zauber der Farben gestalten kann.
Wie verhält es sich bei Manù? In einem Laden im Zürcher Dörfli ist alles zu haben, Werkzeug, Pinsel, Spachteln, Papiere und Leinwand aus aller Welt, ist Material, sind Kreiden, Aquarell- und Ölfarben aller Zeiten zu kaufen. Wie wählt sie die richtigen Stifte und Pinsel?
Diese Gegenstände sind nicht ihr Werkzeug; das ist allein ihr Blick. Ihr Material, das ist nicht Papier, Leinwand und Farbe. Das sind die Menschen, die sie zeichnet und malt. Wenn ihr Blick stumpf werden könnte an den vielen Mattscheiben, den spiegelnden Vitrinen, den glatten Fassaden, schärft sie ihn am Anblick fremder Welten. Das andere Licht, jedes neue Land macht die Augen wieder frisch. Jedes Antlitz, dem sie begegnet, verändert ihren Blick; der veränderte Blick macht aus den Objekten ihrer Bilder das Material, das sie gestaltet. Ein fremdartiges Antlitz wird uns vertraut, der Blick verrät sein Geheimnis; die Farben entstehen in steter Veränderung. Schon ist sie an einem anderen Ort und wird bewegt von dem, was sie sieht. Wir staunen, wie mühelos sie sich weiterbewegt. Oder ist sie bereits eine andere geworden und wir müssen ihr folgen, weil ihre Bilder uns mitziehen?
Ganz anders als bei den Künstlern der Tropen ist Manùs Kunst Bewegung. Noch in der stillstehenden Gestalt, im ruhigsten nach innen gekehrten Ausdruck nehmen wir die Bewegung wahr. Manùs Kunst ist Bild gewordener Tanz.
Paul Parin (aus: Katalog Manù Hophan, 1998)
(* 1916 bis 2009), Psychoanalytiker und Schriftsteller, Zürich
Agathe Blaser
Kein willentlicher Akt – im Atelier von Manù
Der helle Raum in einem Dachstock von Zürich Kreis vier gehörte früher zu einer Druckerei. Deren Lehrling zog sich manchmal hierhin zu einem unbemerkten Schläfchen zurück. Ein Refugium zum Träumen ist der Raum geblieben oder erst recht geworden, als Manù ihn als Atelier übernahm. Ein Edelpunk war sie damals, vor 22 Jahren, mit einer Frisur aus abstehenden Zöpfchen und einem selbst genähten, mit feinen Pinselstrichen bemalten Kleid. Der Vermieter war beim Vorstellungsgespräch von ihrer Erscheinung ebenso befremdet wie sie von seinem Innerschweizer Chalet mit Schweizer Flagge und Schäferhund. Als sich aber herausstellte, dass der Mann in seinem Schlafzimmer ein Bild von Ernst Morgenthaler hatte, dem Grossvater von Manùs Lebensgefährten Marco, ging im Chalet die Sonne auf.
Manù begann ihr neues Atelier einzurichten, strich Wände, Balken und Boden weiss, sodass der Raum mit den schrägen Fenstern zum Himmel noch lichter wurde, und auf der grossen Dachterrasse nebenan pflanzte sie Bäume, Büsche und Blumen, einheimische und exotische durcheinander. In mehr als neunzig Töpfen wachsen sie heute. Manù zeigt es mir auf einem Plan, den sie mal für den Gärtner zum Erstellen einer Bewässerungsanlage skizzierte. Der Gartenschlauch sieht auf der Zeichnung aus wie Girlandenschmuck und die Tische wie kleine Swimmingpools.
Atelier und Garten gehören für Manù zusammen. Ihr gefällt das ungeregelte Wachsen und Florieren der Pflanzen, die Vielfalt ihrer Farben und Formen, die immer wieder anders wirken je nach Tageslicht und Jahreszeit. Dies mit anzusehen ist entspannend und schärft zugleich den Blick für die Malerei. Malerei? Manù mag sich nicht auf diese eine Disziplin beschränken. So wie sie am liebsten überall in ihrem Atelier arbeitet – am Tisch, an der Staffelei, am Computer und am Boden – so wechselt sie auch leichthin von einem Medium zum andern. Befangenheit wird dabei spielerisch überwunden, Lowtech verwandelt sich unerwartet in Hightech und Ruhiges gerät in Bewegung. Von Hand bemalte Blätter, die ein Sujet aus unterschiedlichen Blickrichtungen variieren, entwickeln sich weiter zu dreidimensionalen Arrangements, Fotosequenzen, Computergrafik und kleinen Trickfilmen.
Die wolfsartigen Schlittenhunde etwa, die Manù bei einer winterlichen Wanderung auf der Gemmi angetroffen hatte, malte sie zunächst auf Pappkarton und drapierte sie zu einer kleinen Bühnenszene. Diese lichtete sie dann ab, übertrug die digitalen Bilder in den Computer und bearbeitete sie dort weiter, bis daraus ein Trickfilm für das Manùseum wurde. Manùseum? Wer den Begriff bei Google eingibt, erhält als Antwort die Frage: «Meinten Sie: museum» und findet den Link zu Manùs virtuellem Museum zuoberst auf einer Liste aller Museen der Welt. Naja, das ist jetzt vielleicht ein wenig übertrieben.
Manù erzählt mir, wie sie ursprünglich Bühnenbildnerin werden wollte, aber keine exakten Modelle herzustellen wusste. Ihre Kolleginnen und Kollegen lachten sich schief und der Dozent machte sie zur Schnecke, weil sie damals eine regelrechte «Antibastlerin» gewesen sei. Sie, die so gern herumpröbelt! Das Interesse, Räume zu gestalten, liess sie jedoch nicht los. Fortan sollte sie es nicht mehr in den Dienst eines Regisseurs, sondern ihrer eigenen Projekte stellen. Heute taucht es nicht nur beim Manùseum sondern auch sonst in vielen ihrer Arbeiten wieder auf. Nach wie vor würde sich Manù aber nicht als handwerklich geschickt bezeichnen. Es ist eine andere Art Genauigkeit, die sie interessiert: Klarheit zu gewinnen, weshalb sie etwas fasziniert, und zugleich eine adäquate Form zu finden – das Faszinierende fokussieren, verdichten und auf den Punkt bringen.
Das ist meist ein langwieriger Prozess, über den sie möglichst mit niemandem spricht, damit der Elan nicht vorzeitig auf einer anderen Ebene verpufft. Es gibt Bilder, bei denen sie im Nachhinein nicht mehr weiss, wie sie das hinkriegte. Das Bild mit den Vari zum Beispiel, das ein Leitmotiv ihrer jüngsten Ausstellung ist, entstand nach einem mühsamen, ziemlich missglückten Nachmittag. Manù wollte einem Kind aus Wien etwas in Zürich bieten, doch das Kind langweilte sich und machte nur aus Höflichkeit mit. Das Hallenbad, wo sie gerne hingegangen wären, war geschlossen und so landeten sie im Zoo, im tropischen Regenwald der Masoala-Halle. Dort turnten die Halbäffchen aus Madagaskar zwar lustig in den Bäumen herum und sahen dabei aus, als hätten sie Pullöverchen und Handschuhe an, aber das Kind langweilte sich noch immer – schliesslich kehrten sie genervt nach Hause zurück.
Anstatt sich zu ärgern oder herumzuschimpfen, begab sich Manù in ihr Atelier und nahm eines der Magnolienbilder hervor, an denen sie seit langem malte und die ihr immer unfertig vorkamen. Nun brauchte sie nur noch die zwei Vari ins Bild zu setzen, und alles war richtig. Es war wie ein Geschenk – kein willentlicher Akt –, plötzlich stimmten die Umstände, sie brauchte den Einfall nur noch am Schopf zu ergreifen.
Agathe Blaser (aus: Katalog Manù Hophan, 2008)
(*1958) Journalistin, Zürich